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phenomenelle des Tages: Flora Tristan
Flora Tristan (7.4.1803–14.11.1844)
In einer Zeit als Frauen mehr oder weniger Besitz ihres Ehemannes sind, wehrt sie sich gegen diese Los und zahlt dafür einen hohen Preis, gibt aber nie auf. Sie wächst in Paris in bitterer Armut auf. Ihr Vater stammt zwar aus peruanischerm Adel, aber er stirbt, als die Tochter erst 4 Jahre alt ist. Seine Angehörigen unterstützen sie und ihre Mutter nicht. Auch als sie Jahre später nach Peru reist, verweigern sie Hilfe.
15-jährig nimmt sie eine Stelle in einer Graveurwerkstatt an und heiratet 3 Jahre später ihren Chef, um der Armut endgültig zu entrinnen. Was eine Befreiung sein sollte, wird zum Martyrium. Der Ehemann misshandelt sie. Drei Kinder werden geboren, doch nur die jüngste Tochter Aline überlebt. 4 Jahre hält Tristan die Schläge und Demütigungen aus. Dann flieht sie. Eine Scheidung erlaubt die Gesetzeslage nicht. Mehrere Jahre befindet sie sich auf der Flucht vor dem brutalen Mann und der Justiz. Zeitweise arbeitet sie als Reisebegleiterin für wohlhabende Familien, um sich, ihre Tochter und die Mutter durchzubringen.
Mit 30 Jahren fährt sie nach Peru, in der Hoffnung auf das väterliche Erbe. Mehrere Monate verbringt sie dort, doch den reichen adeligen Verwandten ist sie ein Dorn im Auge. Zu oft besucht sie die Sklavenquartiere auf den Plantagen und äußert sich offen kritisch über die Klassen- und Rassengegensätze im Lande. Die Verwandten schütteln nur den Kopf. Das Erbe ist verloren. Sie kehrt nach Frankreich zurück, veröffentlicht 1937 den Reisebericht Wanderungen einer Paria, in dem sie die sozialen Verhältnisse anprangert. Es hagelt zwar Kritik, aber sie wirbelt auch viel Staub auf.
Als der Ehemann mitbekommt, dass sie wieder da ist, lässt er nicht locker. Er verfolgt seine Frau, entführt mehrfach die Tochter und erhält schließlich doch das Sorgerecht. Über einen geschmuggelten Brief der Tochter erfährt Tristan von sexuellen Übergriffen des Vaters. Sie verklagt ihn, er kommt zwar frei, aber sie erhält das Sorgerecht wieder. Da dreht der Ehemann endgültig durch, besorgt sich eine Waffe und schießt auf seine Frau. Sie überlebt nur knapp, aber immerhin kann sie sich endlich scheiden lassen. Der Mann wird zu Zwangsarbeit verurteilt.
Tristan reist und schreibt, sie besucht Bordelle, Gefängnisse und Ghettos. In ihren Schriften prangert sie die Verhältnisse an. In ihrem Hauptwerk Union ouvrière verarbeitet sie ihre Erfahrungen über die Zustände in englischen Industriestädten. Jahre vor dem kommunistischen Manifest von Marx und Engels ruft sie die Arbeiterinnen und Arbeiter dazu auf, sich zusammenzuschließen und gemeinsam für ihr Recht auf Arbeit und Ausbildung zu kämpfen. Besonders die Bedürfnise der Frauen liegen ihr dabei am Herzen:
In unserer unglücklichen Gesellschaft ist die Frau von Geburt her eine Paria, sie hat die Stellung einer Dienerin … und fast immer kann sie nur wählen zwischen Heuchelei und Schmach.
(Quelle: fembio.org)
Einmal in ihrem Leben hat Tristan wohl geliebt, die Salonière Olympe Chodzko. Es existieren flammende Liebesbriefe zwischen den beiden Frauen. Doch ihre Mission ist Tristan letztlich wichtiger. Nach einem guten Jahr trennt sie sich von der Geliebten, um sich ihrer Sache zu widmen. Auf ihrer letzten Reise durch Frankreich wirbt sie noch einmal für ihre Ideen. Doch der Typhus setzt dem Leben der engagierten Früh-Sozialistin und Frauenrechtlerin ein Ende.
Foto: See page for author [Public domain], via Wikimedia Commons
Weiterführende Quellen und Links