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Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
Am 9.5. 2018 lud das Schwule Museum (SMU) in Berlin zur KuratorInnenführung und Vernissage in seine Räumlichkeiten ein. Die neue Ausstellung „Lesbisches Sehen“ zeigt Kunst von LFTI* aus rund 100 Jahren. Der Titel ist bewusst mehrdeutig gewählt und lehnt an das Werk „My Ancestors“ an: Karikaturen von KünstlerInnen, die zwar nicht blutsverwandt mit ihr sind, doch sieht die Urheberin Martina Minette Dreier sich als Teil eines größeren Ganzen, zeigt Vorbilder und Inspirationen, aber vor allem ein Netzwerk. So ähnlich soll es auch im SMU sein: Werke von 33 KünstlerInnen mit einem Bezug zu Berlin sind nun an einem Ort versammelt.
Lesbische Sichtbarkeit in Kunst und Werken
Die Spannweite ist groß, sieht man von Skulpturen über Videoinstallationen bis zum Gemälde so einiges. Da wären sogar noch mehr Räume bzw. mehr Platz schön gewesen. Vor allem aber wundert man sich, dass das so außergewöhnlich ist. Doch tatsächlich waren Ausstellungen über Frauen, noch dazu von Frauen kuratiert und organisiert, bisher eher die Ausnahme. Die sexistisch-patriarchalen Strukturen haben auch vor der Kunst nicht halt gemacht und so fehlen in den Biografien entweder die Hintergründe oder die (lesbischen) Künstlerinnen gänzlich. Auch das Schwule Museum sah sich im Vorfeld Kritik ausgesetzt. „Berechtigt“, meint Birgit Bosold, eine der beiden Kuratorinnen, und spricht es bei der Rede zur Eröffnung an. „Zu wenige Artists of Color und zu wenig transfeministische Perspektiven werden gezeigt. Und auf 32 Einzelausstellungen von Männern kommen nur acht von Frauen. Aber es ist ein Anfang.“ Das soll „Lesbisches Sehen“ auch sein: ein Anstoß, feministische Kunstgeschichte fortzuschreiben, Diskussionen anregen und das Feld weiter öffnen. Daher wurde auch bewusst auf Informationstexte verzichtet, damit sich jede*r eine eigene Interpretation der Werke schaffen kann.
Lesbische (Berliner) Geschichte wird fortgeschrieben
Jedes Werk hat dennoch seine ganz eigene Geschichte. So beispielsweise der im Raum hängende Neon-Schriftzug „Pelze“ von Lena Rosa Händle. Das Werk ist Referenz auf eine andere Generation feministischer KünstlerInnen, verweist auf feministische Wissensproduktion und deren Fortschreibung. „Ich freue mich sehr, hier als Berliner Künstlerin gesehen zu werden und mich auf die Historie der 80er beziehen zu können und sie so zu zeigen“, sagt Händle dazu, „ das Generationenübergreifende ist spannend und notwendig, ebenso wie Sichtbarkeit zu thematisieren, auch wenn die Ambivalenz dazu weiter besteht.“ Und so finden sich viele Referenzen und Verweise – sei es auf das Kollektiv „Endmoräne“ aus Brandenburg oder Werke von Renate Hampe und Ursula Bierther aus der Vereinigung „Schwarze Schokolade“. Auch Kate Millet, Sara Schumann und Gisela Breitling sind mit Arbeiten präsent, um nur einige der wegweisenden Künstlerinnen der Ausstellung zu nennen. So spannt sich der Bogen zur Gegenwart mit Werken von jüngeren Schöpferinnen, die eine ganz eigene Version von „Lesbisch Sehen“ zeigen.
Sehenswert ist die Ausstellung auf zwei Räumen auf jeden Fall und die Führungen empfehlenswert – auch Solidarität lohnt sich hier, damit es künftig vielleicht mehr Ausstellungen mit Frauen*fokus gibt. Das dazugehörige Rahmenprogramm besteht aus dem wechselnden Filmprogramm „12 Monde“ und einer Veranstaltungsreihe mitsamt der neu geschaffenen „Dyke Bar“ – der dortige „Queer Royale“ ist übrigens auch sehr lecker.
Ausstellung „Lesbisches Sehen“
9.5.2018 – 20.8.2018
Schwules* Museum Berlin, Lützowstr. 73, 10785 Berlin
Öffnungszeiten & Preise: https://www.schwulesmuseum.de/besuch/