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phenomenelle des Tages: Anne Klein

Anne Klein (2.3.1950–23.4.2011)

Bundesarchiv B 145 Bild-F085771-0007, Bonn, Sitzung Bundesrat, Wiedervereinigung1989 fällt in Berlin die Mauer und Bürgermeister Momper regiert mit einem überwiegend weiblichen Senat. Darunter wird eine 39-Jährige parteilose und feministische Juristin Frauensenatorin. Mehr noch, sie spricht öffentlich aus, was bislang keine Politikerin, kein Politiker vor ihr wagte: „Ich lebe mit einer Frau.“

Mutig, charmant, kämpferisch, leidenschaftlich, liebenswürdig und großzügig – sind nur einige der Charaktermerkmale, mit denen Weggefährtinnen Anne Klein beschreiben. Geboren ist sie im Saarland, studiert nach dem Abitur Jura. Das Referendariat führt sie 1975 nach Berlin, wo sie sich auch politisch in der Frauenbewegung engagiert. Gemeinsam mit anderen gründet sie das erste Berliner Frauenhaus, bietet feministische Rechtsberatung an. 1978 gründet sie die erste Kanzlei, die sich nur auf Frauenrechte spezialisiert und ausschließlich Frauen vertritt. Sehr zum Ärger der Anwaltskammer, die erwartet, dass auch Männer ihre Klienten sein müssen. Klein lässt sich nicht rein reden.

Als die Grünen 1983 in den Bundestag kommen, wird Klein Referentin der Fraktion für den Arbeitskreis „Frauen, Antidiskriminierung, Soziales“. Sie entwirft ein Antidiskriminierungsgesetz und ein Gesetz über die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Letzteres wird erst 20 Jahre später im Bundestag beschlossen. Nach 2 Jahren widmet sie sich wieder ihrem Job als Anwältin.

Als Frauensenatorin legt sie 1989 ein enormes Tempo vor. Sie richtet ein Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen ein – einmalig damals in der Bundesrepublik. Sorgt dafür, dass der Verein Wildwasser finanziell abgesichert und Räume als Zuflucht für Prostituierte geschaffen werden. Sie ermöglicht den kostenfreien Aufenthalt im Frauenhaus. Ende 1990 zerbricht die Koalition, mit 2 Kolleginnen tritt sie zurück und nicht wieder an, widmet sich ihren Klientinnen. Ehrenamtlich engagiert sie sich in berufsständischen Organisationen, setzt durch, dass sich das Versorgungswerk für Anwälte auch für die Hinterbliebenen von Homosexuellen öffnet.

2011 stirbt Anne Klein an Krebs. Sie hinterlässt ihre Partnerin, mit der sie 26 Jahre gelebt hat. Die grünennahe Heinrich-Böll-Stiftung verleiht 2012 erstmals den Anne-Klein-Frauenpreis, der künftig jährlich an Frauen aus dem In- und Ausland verliehen wird, „die sich herausragend für die Verwirklichung von Geschlechterdemokratie, gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes oder der geschlechtlichen Identität engagiert haben.“ Zivilcourage, Mut und Widerstand – Merkmale, die auch die Preisstifterin besaß, sollen die Ausgezeichneten besitzen.

Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F085771-0007 / Reineke, Engelbert / CC-BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de], via Wikimedia Commons

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