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ZDF wirbt sprachlos „ballsauber“ für die Frauenfußball-EM

Screenshot EURO 2013 Trailer des ZDF

Neuerdings steht das Kürzel ZDF wohl für ZU DUMM für FUSSBALL. Frei dem Motto: Wir sind kurz vor der EURO und da müssen wir noch ein sexistisches Klischee raus schießen. Damit katapultiert sich der Sender im Affenzahn zurück in dunkle Zeiten als die Macht des Fußballs noch allein auf Männerfüßen lag und Frauen still zu Hause die dreckigen Trikots wuschen.

Seit einer guten Woche läuft der Trailer „Ballsauber in Schweden“ ab und an im Fernsehen und ist bei YouTube abrufbar. Wir sehen: Eine offene Waschmaschine und eine anonyme Fußballspielerin, die mit sauberem Trikot der Nr. 2 (das hatte sie wohl vorher schon gewaschen) einen dreckigen Fußball perfekt in die Öffnung zirkelt. Anschließend stellt sie die Maschine auf das berühmte Waschprogramm für Leder ein und dekoriert sich wartend obenauf. Mal abgesehen davon, dass Fußbälle bei internationalen Meisterschaften bereits seit gut 25 Jahren aus synthetischem Material gefertigt werden, hat Frau ja während des Waschgangs nichts anderes zu tun.

Nur am Rande sei erwähnt, dass die sprachliche VerBallhornung von Ballzauber zu Ballsauber es eher wert wäre von Sprachverteidigern wütend kommentiert zu werden als die Herr Professorin der Uni Leipzig. Aber Schwamm drüber. Werber und Deutsch das geht eben oft schlecht zusammen.

Für den Inhalt und die Ausführung gebührt dem veranstaltenden Sender allerdings definitiv der Preis für die dümmste Klischeevorstellung des Jahres. Oder kürzer gesagt für #sexistischekackscheiße. Die Zeiten, in denen deutsche Fußballfrauen ein Kaffeeservice für einen internationalen Titel bekommen, sind seit Jahrzehnten vorbei. Ihr Platz ist heute im Stadion, nicht an der Waschmaschine. Heute beginnt die Frauen-EM in Schweden und am morgigen Donnerstag absolvieren die deutschen Damen ihr Auftaktspiel.

Meine Vorschläge für das ZDF: Tauscht künftig die Torwand im Sportstudio gegen eine Waschmaschine aus. Leistet euch eine vernünftige Agentur und verordnet eurer Sportredaktion mal ein Jahr lang Nachhilfeunterricht in Sexismus.

P.S. Die Pressestelle des ZDF war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf der einen Telefonnummer ging niemand dran, auf der anderen war besetzt. Mögen eure Telefone nicht zur Ruhe kommen solange dieser Trailer läuft. Die Nummer 2 im deutschen Frauenfußballteam für die EURO 2013 heißt übrigens Bianca Schmidt und ist nicht identisch mit der anonymen Fußballkünstlerin.

Update vom 15.7.2013: Das ZDF reagiert auf massive Beschwerden von Zuschauer_innnen. Unternehmenssprecher Alexander Stock sprach zumindest mit Bild.de. Der Online-Gazette gegenüber behauptete er, der Sender nehme ernst, dass er bei „einigen […] offenbar einen empfindlichen Nerv getroffen“ habe. Deshalb sei extra eine Szene nachgedreht und in den Spot eingefügt worden. Typische PR-Antwort. Bloß nichts zugeben, anstatt dessen werden die Kritiker_innen als emotional betroffen abqualifiziert. Laut Stock sei nun deutlicher zu erkennen, dass man nur mit Rollenklischees spielen wolle. Aha. Da haben die Humorlosen mal wieder den Witz nicht verstanden. Die nachgedrehte Szene zeigt übrigens einen halbnackten Mann beim Bügeln. Alles klar! Nackter Männeroberkörper. Das ist ein voll witziges verdrehtes Klischee. Bloß aufpassen, dass er sein heißes Eisen nicht noch am Leder-Fußball versucht.

Hier die Kontaktdaten der Zuschauerredaktion für alle, die dem ZDF ein sprachliches Tor schießen wollen:
Telefon-Service: +49 (0) 6131-70-12161
Fax-Service: +49 (0) 6131-70-12170
Mail: zuschauerredaktion(at)zdf.de
Postanschrift: ZDF Zuschauerredaktion, 55100 Mainz

Foto: Screenshot aus dem ZDF-Trailer

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