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Rosskastanie – ein ökologisches Waschmittel?!

Das ist Melanie. Melanie hat erfahren, dass sie Waschmittel selbst herstellen kann. Und weil Melanie neugierig ist, probiert sie es einfach mal aus…

Auf der Suche nach umweltfreundlichen Alternativen

Meine Katze begutachtet neugierig die Testobjekte

Ständig auf der Suche nach Alternativen, mit denen ich meinen Alltag umweltfreundlicher und nachhaltiger gestalten kann, stieß ich auf eine Anleitung, mit der man aus Rosskastanien Waschmittel herstellen kann. Ungläubig und fasziniert zugleich wurde ich von dieser Möglichkeit in den Bann gezogen. Als ich dann auf dem Nachhauseweg nach dem Einkaufen quasi über auf dem Boden liegende Kastanien stolperte, stopfte ich spontan einige in die Tasche und beschloss einen Selbstversuch zu starten.

Ein (unbekanntes) Multitalent

Die Rosskastanie ist eine Gattung in der Familie der Seifenbaumgewächse und wurde im 16. Jahrhundert nach Wien importiert. Aufgrund ihres schönen Aussehens, verbreitete sie sich schnell in Europa und zählt noch heute zu den beliebten Bäumen für Alleen und Parks. Seit meiner Kindheit ziehen mich Kastanien magisch an. Früher als Bastelmaterial genutzt, liebe ich es noch heute, mit den Fingern über die glatten Flächen zu streichen. Was mir allerdings nicht bewusst war, ist die vielseitige Nutzungsmöglichkeit des Samens der Rosskastanie. Seit Jahrhunderten dient er bereits als Heilmittel und wird dank seiner u.a. entzündungshemmenden Inhaltsstoffe vor allem bei Venenerkrankungen, Nervenschmerzen, Rheuma, Gicht, Ischias, Wadenkrämpfen, schweren und geschwollenen Beine, aber auch bei Husten, Fieber und Erkältungen angewendet. Die medizinischen Wirkungen können nicht nur aus dem Samen, sondern auch aus Blättern und Rinde gewonnen werden. Bei der eigenen Herstellung ist allerdings Vorsicht geboten, da die Frucht an sich für Menschen giftig ist.

Völlig unbekannt war mir bisher allerdings, dass sie neben den heilenden auch reinigende Fähigkeiten hat. Verantwortlich dafür ist der Inhaltsstoff Saponine (vom lateinischen sapo = Seife). Aus den Kastanien kann eine Lösung hergestellt werden, mit der es möglich sein soll, Wäsche zu waschen, zu putzen, zu spülen und sogar Haare zu waschen. Mein Selbstversuch beschränkt sich jedoch zunächst nur auf das Waschen von Wäsche in der Waschmaschine.

Mit wenig Aufwand zum gewünschten Ziel?

Die Herstellung der Lösung ist denkbar einfach. Im Internet finden sich unterschiedliche Vorgehensweisen, daher beschreibe ich hier, wie ich in meinem Selbstversuch vorgegangen bin. Wichtig ist, dass die Kastanie zerkleinert ins

Ohne Schale wird die Lösung weißer

Wasser eingelegt wird, damit der Inhaltstoff Saponine ins Wasser gelangt. Die Schale muss dazu nicht entfernt werden. Ich habe mir einen alten Socken genommen und diesen mit 5-6 Kastanien (je nach Größe) befüllt. Mit Hilfe eines Hammers habe ich die Kastanien zertrümmert (macht Spaß!). Die Bruchstücke füllte ich zusammen mit Wasser in ein Schraubglas. Das Wasser wurde sofort milchig und durch Schütteln entstand ein seifiger Schaum. Für meinen ersten Versuch ließ ich die Mischung über Nacht stehen, für die zweite Maschine Wäsche nur ca. zwei Stunden. Zum Wäschewaschen kippte ich die Lösung einfach durch die Socke (Filter) direkt in das Hauptwaschmittelfach der Maschine. Selbstverständlich lässt sich dazu auch ein feines Küchensieb nutzen. Da ich aber in weiteren Versuchen Arbeitsschritte einsparen möchte, kam ich auf die Idee mit der Socke. Diese kann ich nach dem Zerkleinern einfach in das Wasser hängen und spare mir das Filtern (so die Idee, ob das klappt, berichte ich gerne später)

Wunder oder Mogelpackung?

Da ich derzeit keine stark verschmutzte Wäsche bzw. Wäsche mit schwierigen Flecken habe, kann ich über die Grenzen der Reinigungsfähigkeit der Kastanien leider noch nichts berichten. Meine beiden Versuche ließen aber keinen Platz für Beanstandungen. Meine Alltags-Wäsche wurde ohne Probleme sauber. Für die zweite Waschlösung habe ich sogar die Kastanienreste der ersten verwendet und lediglich drei frische Kastanien hinzugefügt. Auch das klappte wunderbar. Besonders positiv war ich von dem Geruch der Wäsche überrascht. Beim ersten Versuch war ich noch etwas feige und habe minimal Weichspüler eingefüllt. Beim zweiten Versuch nutzte ich nur die Kastanien. Auch wenn der Duft von Waschmittel und Weichspüler fehlt, roch die Wäsche angenehm und dezent – wonach? Dafür habe ich noch keine Worte gefunden, aber nach typisch Kastanie eigentlich nicht.

Variantenreich

Zur Herstellung der Lösung können die Kastanien sowohl mit oder ohne Schale zerhämmert, zerschnitten, mit dem Nussknacker oder einem Mixer zerkleinert werden. Wichtig: Je kleiner die Stücke, desto besser entfaltet sich das Saponine. Einige Anwender überlegen sogar, die getrockneten Kastanien ohne Schale zu Pulver zu zermahlen und damit die Lösung anzusetzen. Erfahrungsberichte dazu habe ich nicht gefunden. Die Kastanien können auch im getrockneten Zustand angesetzt werden. Die Wirkung geht nicht verloren. Wichtig ist, die Kastanien dazu immer wieder zu lüften (gut durchmischen), damit sie nicht faulen. Die angesetzte Mischung sollte nicht lange stehen, da sie bereits nach zwei Tagen zu gären beginnt und unangenehm riecht.

Die eierlegende Wollmilchsau!

Auch wenn ich noch nicht herausfinden konnte, wo die Grenzen der Waschkraft liegen, bin ich von dieser Alternative überzeugt und habe heute bereits einen Vorrat gesammelt. Auf der Proseite stehen für mich ausreichend überzeugende Argumente:

  • Natürliches Produkt; 100% ökologisch
  • Reste der Kastanie kompostierbar
  • Heimatliche Pflanze, kein langer Importweg
  • keine Förderung der Waschnussproblematik in Indien (steigende Preise durch steigende Exportzahl, Einheimische müssen auf günstigere chemische Mittel zurückgreifen)
  • schnelle und unkomplizierte Herstellung/Zubereitung
  • kostenlos
  • keine Tierversuche; 100% vegan

Reste sind kompostierbar

Und jetzt ihr!

Wer ist neugierig geworden und hat Lust, dies auszuprobieren und mir seine Erfahrungen mitzuteilen? Welche Variante ist die beste?

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11 thoughts on “Rosskastanie – ein ökologisches Waschmittel?!”

  1. Bea sagt:

    Meine Freundin ist total begeistert von dem Ergebnis.

  2. Tasmanian sagt:

    Geniale Idee. Ich muss das auch mal ausprobieren.

  3. manuela sagt:

    Toller Beitrag! Danke 🙂 ich wasche seit langem mit den Schalen von Waschnüssen und bin sehr zufrieden. Rosskastanien sind mir tatsächlich noch nie in den Sinn gekommen *schäm* als Pflanzenheilkundlerin hätte der Schluss nahegelegen, eben wegen der Saponine. Ich finde es super, dass du das gleich ausprobiert hast. Wir machen viel zu wenig Selbestversuche! Bravo. Gerne nutze ich deinen Erfahrungsbericht und lass mich begeistern. Bei den Waschnüssen lohnt es sich, noch einen guten Fleckenentferner (öko von Held zum Beispiel) daheim zu haben und sehr schmutzige oder fleckige Wäsche vorher einzuweichen. ich kann mir vorstellen, dass die Reste prima einfach in der socke gleich mit in die trommel gehen und die Reinigungskraft noch unterstützen, so wird es ja mit den Schalen der Waschnüsse auch gehandhabt.

    Wer es gerne duftend mag, tröpfelt auf besagte Socke einfach seinen Lieblingsduft in Form von ätherischen ölen…viel spass beim Waschen. namaste
    manuela

    1. Melanie sagt:

      Hallo Manuela, vielen Dank für dein Feedback und deine Anregungen! Hast Du es mittlerweile schon ausprobiert? Würde mich freuen, von deinen Erfahrungen zu lesen. Ich persönlich würde den Socken nicht mit in die Trommel geben, weil die Saponine dann ja auch im Spülgang weiter freigesetzt werden und der ist ja eigentlich dazu da, die reinigenden Mittel auszuspülen? Im Internet habe ich vereinzelt gelesen, dass weiße Wäsche zunächst von der Lösung grau wird (wenn die Schale mit angesetzt wird), dies aber durch das Spülen wieder rausgeht. Aber ich lass mich gerne von deinen Testergebnissen vom Gegenteil überzeugen.

  4. Andrea Krug sagt:

    Tolle Idee! Gehe gleich mal einsammeln … Von Waschnüssen an sich war ich allerdings nicht so überzeugt …

    1. Melanie sagt:

      Danke! Freue mich über einen Erfahrungsbericht!

  5. Lisa sagt:

    Hallo,

    auch ich habe dieses Jahr die Kastanien zum Waschen entdeckt und bin total begeistert. Ich mische noch ein paar Tropfen Zitronenoel dazu, mein Lieblingsduft. Der Kastaniensud eignet sich auch prima zum Abspülen, kurz eingeweicht kann man auch verkrustetes Geschirr, z.B. Auflaufformen sehr leicht reinigen.

    Nur das Knacken der Kastanien hat etwas angestrengt, ich habe dazu eine Zange benutzt und dann die halbierten Kastanien noch kleingeschnitten. Da ich mir einen größeren Vorrat angelegt habe, war das, obwohl es mir Spaß gemacht hat, schon mühsam – ging in die Schultern. Weiß jemand mit welcher Mühle man die Kastanien zerkleinert könnte und wieviel man für so ein hilfreiches Teil investieren muss?

    Lisa

  6. Bernadette Hörner sagt:

    Wir machen das Kastanienpulver seit 2 Jahren mit den Fleischwolf ;). Die möglichst frischen (= weichen) Kastanien etwa vierteln und dann durch den Wolf gedreht ergibt ein grobes Granulat, das dann noch im Ofen bei schwacher Hitze ein paar Stunden getrocknet wird.

    Video von unserem ersten Versuch hier zum ansehen: https://vimeo.com/109834529

    2-3 EL (je nach Trommelvolumen) davon in einen Socken, zugeknotet und in die Trommel. Wäscht helle und dunkle Buntwäsche wirklich einwandfrei. Weiße Wäsche hab ich mich noch nicht getraut, weil auch die braunen Schalen im Granulat drin sind.

    Ich verwende das Granulat immer 2x. Nach dem ersten mal roll ich den Socken auf und lass das Pulver darin fürs nächste mal trocknen – schimmelt nicht.

    Wenn die Wäsche nachher zu stark muffelt (z.B. meine Sportsachen), 20-40 ml Essig mit ein wenig Wasser verdünnt ins Weichspülerfach. Wäsche riecht dann weniger übel, und auch überhaupt nicht nach Essig.

    Soviel zu meinen Erfahrungen! Den Sockentipp hab ich übrigens von hier :), vielen Dank nochmal dafür!

  7. Bettina Taubert sagt:

    Hallo,
    also ich bin immer wieder überrascht, wieviele Leute sich mit dem Thema beschäüftigen 🙂
    Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt mal Waschnüsse auszuprobieren, aber dabei blieb es, bis ich durch Zufall von den Kastanien erfuhr.
    Ich dachte, das sollte ich mal probieren und ich muss sagen, es klappt hervorragend. Mein Mann hat während einer längeren Mittagspause so viele gesammelt, dass ich bis zum nächsten Herbst gut damit auskomme. Sie hängen in einem alten Kaffeesack in unserer Garage.
    Ich nehme mir zur Vorbereitung schon viel Zeit. Ich schäle die Kastanien, besser klappt es übrigens, wenn man sie viertelt und dann etwas trocknen lässt. Dann lässt sich die Schale besser lösen. Dank zweier Holzspanschälchen, übrig von einem Obsteinkauf, kann ich sie problemlos auf der Heizung trocknen, oder auf der Fensterbank. Dann muss die Küchenmaschine „Therm…“ herhalten. Es wird zwar sehr laut beim Pulverisieren, aber ich habe dann sehr feines Kastanienpulver. Abgefüllt in eine alte Waschmittelflasche habe ich es immer griffbereit. 4 EL Pulver in ein Einweckglas mit Schraubverschluss, dann mit heißem Wasser übergießen, nach einer halben Stunde ist der Sud fertig. Durch ein altes Mulltuch abfiltern -fertig. Ich gebe nun einen Spritzer flüssige Tenside dazu, die ich aus einem anderen Reinigungssystem habe, denn diese verhindern, dass sich Schmutzteilchen beim Waschen wieder auf die Kleidung ablegen. Gallseife für hartnäckige Flecken und Essigessenz verdünnt in das Weichspülerfach. Manchmal auch etwas Duftöl mit in den Sud. Die Wäsche wird sauber, ob weiß, bunt oder dunkel.

  8. Truddel sagt:

    Hallo, ich habe gerade hier mitgelesen, und die Idee klingt ja wirklich super, bloß habe ich einen Zweifel: Waschnüsse , Efeu und Kastanien waschen ja wegen der Saponine gut. Das sind aber fischguftige Stoffe, die mit dem Waschwasser direkt in die Gewässer gelangen. Ist es also vielleicht doch nciht gut für die Umwelt, diese natürlichen Mittel zu verwenden?

    1. Schmatrix sagt:

      Ja sind sie. Aber die Tenside im Waschmittel sind es ebenso.
      Allerdings haben Saponine den Vorteil dass sie aus einer natürlichen Quelle stammen und somit biologisch abbaubar sind. Bei chemischen Waschmitteln ist das nicht immer der Falls, besonders bei den billigen sind oftmals viele unnötige Chemikalien als Füllstoffe enthalten.

      Solange wir keine Möglichkeit finden unsere Wäsche zu reinigen ohne dass alles hinterher ins Abwasser gelangt sind Saponine den Tensiden vorzuziehen. In der Zukunft wird es vielleicht mal Waschmaschinen mit eingebauter Abwasserreinigung geben bzw. ein hausintegriertes Reinigungssystem 😉

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