phenomenelle

kulturelle

LITFEST homochrom

AnNa R. fährt auf Gleis 8 ab – ein Interview

„Es hat unglaublich viel Spaß gemacht!“

Foto: SAM, Gleis 8, AnNa R.AnNa R. ist zurück (wir berichteten vom Konzert in Berlin)! Zwanzig Jahre lang war sie die Stimme von Rosenstolz, in diesem Jahr hat die Berlinerin mit dem Saxophonisten Lorenz Allacher und den beiden Hamburger Musikern Timo Dorsch und Manne Uhlig die Band Gleis 8 gegründet. Der Name entstand, weil die Züge am Berliner Hauptbahnhof regelmäßig vom Gleis 8 Richtung Hamburg fahren. Im phenomenelle-Interview erzählt die Sängerin wie die ersten Konzerte mit ihrer neuen Band gelaufen sind, welche Ziele sich Gleis 8 gesteckt haben und was es für ein Gefühl war, endlich wieder auf der Bühne zu stehen.

AnNa, wie war es für dich, nach langer Pause jetzt mit neuer Band auf der Bühne zu stehen?
Oh Gott, ich war bei unserem ersten Konzert sehr aufgeregt. Ich war wirklich schrecklich nervös. Das hat das Publikum auch gesehen und gehört, aber so war das nun mal. Ich habe kein Problem damit. Und das Wichtigste: Es hat unglaublich viel Spaß gemacht!

Hast du mit so viel positiver Resonanz bei deinem ersten Auftritt mit Gleis 8 gerechnet?
Nein. Das war wirklich überraschend und sehr toll für mich. Diese positive Resonanz war auch bei den weiteren Konzerten, die wir bisher gegeben haben zu spüren. Das ist wirklich großartig. In der ersten Reihe waren auch die Menschen wiederzufinden, die immer schon bei Rosenstolz in der ersten Reihe standen – viele von ihnen kannte ich also schon. Insgesamt hatte ich aber tatsächlich mit viel mehr Gegenwehr gerechnet. Zum Beispiel habe ich vermutet, dass während der Konzerte Zwischenrufe kommen, wir sollen Rosenstolz-Lieder spielen, aber das ist bisher gar nicht passiert. Das finde ich sehr nett von den Fans. Wir hatten ja von Anfang an nach außen kommuniziert, keine Rosenstolz-Songs zu spielen. Alle, die zu den Konzerten gekommen sind, waren tolerant genug, uns unsere neuen Songs spielen zu lassen, das fand ich sehr schön.

Aber wie reagierst du, wenn Gleis 8 doch immer wieder mit Rosenstolz verglichen wird?
Foto: SAM, Gleis 8 AnNa R.Mit diesem Vergleich war ja zu rechnen. Und es liegt schließlich auch Nahe: Es handelt sich letztlich um dieselbe Stimme. Außerdem ist die Musik von Gleis 8 genauso Pop-Musik wie die von Rosenstolz. Auch wenn es für mich als Sängerin etwas ganz anderes ist, hört sich die Musik für den normalen Zuhörer wahrscheinlich gar nicht so anders an. Deshalb muss man einfach damit rechnen, dass beide Bands verglichen werden. Ich wünsche mir natürlich, dass Gleis 8 irgendwann als eigenständige Band wahrgenommen wird und nicht als zweites Rosenstolz. Aber das lässt sich erst einmal nicht verhindern und ich kann es auch nachvollziehen: Wie viele Jahre hat man denn ganz automatisch die Musik von George Michael noch Wam zugeordnet?

Was für Ziele habt ihr mit Gleis 8?
Wir sind jetzt im Moment in der Planung für die erste Tour. Nach ein paar Radio-Festivals im Sommer wollen wir im November und Dezember auf große Deutschland-Tournee gehen. Riesige Hallen können wir natürlich erst einmal nicht füllen, da bin ich realistisch. Wir müssen uns jetzt erst einmal ein Publikum erspielen. Alles was wir bisher bekommen haben, waren Vorschusslorbeeren. Deshalb müssen wir erst einmal kleinere Brötchen backen – das finde ich aber auch ganz vernünftig so. Wir machen alles Stück für Stück und schauen was passiert. Wir gucken uns alles in Ruhe an und sehen dann schon, ob es funktioniert oder nicht. Das wichtigste ist: Wir haben einfach Spaß an dem was wir tun.

Weshalb wolltest du wieder in einer Band singen und hast dich nicht für eine Solokarriere entschieden?
© Mike Auerbach/Universal MusicDas wollte ich noch nie. Ich finde es viel schöner, sich in einem Team gegenseitig zu befruchten, wenn man zusammen schreibt, viel gemeinsam lacht und sich die Ideen um die Ohren haut (lacht). Das macht mir deutlich mehr Spaß, als solo unterwegs zu sein. Außerdem kommt meistens auch etwas viel besseres dabei raus. Natürlich kann es auch mal passieren, dass ich ein Lied ganz alleine schreibe, aber im Normalfall hat einer von uns vieren eine Grundidee, die dann diskutiert wird. So dauert es manchmal vielleicht länger bis eine Entscheidung getroffen ist, aber die Zeit nehmen wir uns. Bei Gleis 8 gibt es keinen Chef, der einfach entscheidet. Was die Texte angeht habe ich eine Art Veto-Recht, weil ich es schließlich singen muss. Wenn die anderen drei einen Text super finden, dann probiere ich es aus, doch man merkt schnell, wenn mir ein Text nicht steht. Ich muss es ja glaubhaft rüberbringen. Aber bisher hatten wir diesbezüglich noch keine Probleme.

AnNa, du bist eine waschechte Berlinerin, zwei Mitglieder von Gleis 8 stammen aber aus Hamburg. Kannst du es dir unter diesen Umständen doch vorstellen, eine Weile an die Elbe zu ziehen?
Nein. Da pendele ich lieber (lacht). Die beiden Hamburger können sich allerdings auch nicht vorstellen nach Berlin zu ziehen. Insofern pendeln wir alle, treffen uns mal in Berlin und mal in Hamburg – wo die Züge regelmäßig jeweils vom Gleis 8 abfahren.  Wir freuen uns jedes Mal, wenn das so klappt. Außerdem ist Berlin – Hamburg auch keine Strecke. Ich brauche mit dem Zug nicht einmal zwei Stunden. Es ist sehr gut möglich, dass man diese Zeit auch innerhalb von Berlin braucht, um zur Arbeit zu kommen.

Fotos: © SAM (1 + 2), Mike Auerbach/Universal Music (3)

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 21. April bis zum 3. Mai 2024
  • Fernsehinfos vom 6. bis 19. April 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“
  • Theater X: Deutschlands vergessene Kolonialzeit