kulturelle
Fachtagung „Regenbogenfamilien in Schule und Unterricht“
Im Fokus: Unterstützung für Kinder und Jugendliche
Am 14. Mai luden die Kooperationspartner des Projektes „Schule der Vielfalt“ (RUBICON / Sozialwerk für Lesben und Schwule e.V. (Köln), SchLAu NRW (schwul lesbisch bi trans* Aufklärung in Nordrhein-Westfalen), Rosa Strippe e.V. (Bochum) und das Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW) zusammen mit der Stadt Köln zu einem NRW-Fachaustausch im Rahmen der Hirschfeld-Tage 2014 ein. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Schule und Jugendhilfe Kinder und Jugendliche aus Regenbogenfamilien besser unterstützen können.
Nach teilweise bewegenden Begrüßungsworten seitens Frau Dr. Scheffel vom Schulministerium NRW und der Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes folgte die kurze Vorstellung des Projektes „Schule der Vielfalt“ durch den Landeskoordinator Frank G. Pohl. Ziel dieser Initiative mit dem Untertitel „Schule ohne Homophobie“ ist es, Vorbehalte aufzugreifen, zu sensibilisieren und zu informieren. Das Schwul- und Lesbischsein wird häufig von Jugendlichen selbst in den Schulen thematisiert – meist in Form von negativen Äußerungen und Mobbing. Hier fehlt es nicht selten an pädagogischer Intervention. Die Kooperationsgemeinschaft möchte dem, nicht nur mit dieser Fachtagung, entgegenwirken und das, in der Regel hetero-normative Bild von Familie, nachhaltig verändern.
Drei Vorträge machen dringenden Handlungsbedarf deutlich
Prof. Dr. Jutta Hartmann (Alice-Salomon-Hochschule, Berlin) machte mit ihrem Vortrag „Familiennormen überdenken. Herausforderungen queer-familiärer Lebensweisen“ deutlich, dass laut Studien nach wie vor eine sehr hohe Prozentzahl (95%) Befragter, mit dem Begriff „Familie“ Mann, Frau und Kind verbinden. Regenbogenfamilien seien weitestgehend unsichtbar bzw. würden nicht wahrgenommen. Dazu tragen unter anderem Begrifflichkeiten in der Öffentlichkeit wie „unbemannte Mütter“ und das Naturalisieren von heterosexuellen Familien z.B. in Schulen bei. Obwohl statistisch nachgewiesen wurde, dass Kinder von homosexuellen Eltern nicht häufiger gehänselt werden, erfahren sie meist mit Eintritt in die Grundschule eine strukturelle Diskriminierung und Stigmatisierung im Alltag. Mit ihrem Beitrag stellt Prof. Dr. Hartmann klar, dass familiäre Ordnung sozial konstruiert und nicht naturgegeben ist. Dennoch gilt es ihrer Meinung nach nicht, Normen prinzipiell zu verwerfen, sondern vielmehr zu erörtern, wie alternative Regeln für soziales Leben aussehen können, damit Menschen, die anders als andere leben, nicht ausgeschlossen werden.
Im Anschluss daran lieferte Dipl. Psychologe Dominic Frohn (Köln) einen Einblick in die quantitativ-/qualitativ-gemischte Studie „Wir sind Eltern! – Studie zur Lebenssituation von Kölner Regenbogenfamilien“. Die Fakten der interessanten Studie aus dem Jahr 2012 gibt es in Form eines PDFs.
Im abschließenden Vortrag „Geschlechter- und Familienbilder in Schulbüchern“ stellte Erziehungswissenschaftlerin Melanie Bittner (Berlin) ihre Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2012 vor.
Darin untersuchte sie aktuelle Schulbücher unterschiedlicher Unterrichtsfächer der namhaftesten Verlagsgruppen auf die darin vorkommende Darstellung der Geschlechter- und Familienbilder. Mit ihren Ergebnissen untermauerte sie bereits getroffene Aussagen seitens Prof. Dr. Hartmanns. Die exemplarisch vorgestellten Bebilderungen aus Biologie- und Englischbüchern brachten die Teilnehmer_innen mehrfach zum Raunen: Auch wenn in Biologiebüchern Fotos homosexueller Paare mittlerweile Einzug gehalten haben, so ist die Darstellung nach wie vor diskriminierend. (Titel eines Fotos mit heterosexuellen Jugendlichen „erste große Liebe“; Titel eines Fotos mit homosexuellen Jugendlichen „homosexuelles Paar“).
In Englischbüchern fehlt es gänzlich an einer Vielfalt von Partnerschaftsformen. Nur heterosexuelle Eltern und seit kurzem auch getrennt lebende Heteroeltern kommen vor. Besonders erschreckend ist die Feststellung, dass diese heteronormative Darstellung in den Büchern für die Schüler_innen eine sehr hohe Alltagsrelevanz hat. Die Publikation der Studie steht als PDF zur Verfügung.
Workshops zum Vertiefen und Finden von Lösungsansätzen
Im Workshop „Regenbogenfamilien machen Schule“ leitete Michaela Herbertz-Floßdorf (Mundwerk-Training, Düsseldorf) nach Präsentation von aktuellen Studienergebnissen, die Teilnehmer durch verschiedene Themenschwerpunkte, die unter den Aspekten „Befürchtungen“, „Erfahrungen“ und „Wünschen“ beleuchtet und gemeinsam erarbeitet wurden. Ergänzt wurden die Ergebnisse seitens der Eltern und Lehrer_innen durch die Sichtweisen dreier Schülervertreter_innen.
Der zweite Workshop „Regenbogenfamilien in Schule, Unterricht und Jugendhilfe – Wie kann die Thematik ‚Regenbogenfamilie‘ in den Schulalltag integriert werden?“ wurde von Stefan Meschig (Familienberatung rubicon, Köln) und Danilo Ziemen (Trainer der Jugend- und Erwachsenenbildung, Dresden) angeleitet. Auch hier wurden zum Einstieg statistische Einblicke zur Thematik gewährt. Im Verlauf erarbeiteten die Teilnehmer_inne Möglichkeiten, wie das Thema besser in Schule und Unterricht integriert werden kann und Pädagog_innen mehr Handlungsmöglichkeiten und mehr Unterstützung erhalten können.
Notwendigkeit von Security kleiner Wehrmutstropfen
Aufgrund der Befürchtung, dass die Besorgten Eltern eine Aktion geplant haben könnten, stand die Fachtagung unter Aufsicht einer Security. Bei der in der Mittagspause stattfindenden Kundgebung des Aktionsbündnisses gegen die Besorgten Eltern, wurde auf dem Wienerplatz in Mülheim friedlich gegen Homo- und Transphobie demonstriert.
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2 thoughts on “Fachtagung „Regenbogenfamilien in Schule und Unterricht“”
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Vielen Dank für den interessanten Artikel! Gibt es denn auch eine Aufzeichnung z.b. auf DVD von den Vorträgen?
Lieben Gruß,
Hallo Anni,
so weit ich informiert bin, wird es auf jeden Fall eine Dokumentation geben, in welcher Form ist mir leider nicht bekannt. Bitte frage mal bei Frank Pohl (www.schule-der-vielfalt.de/kontakt.htm) oder Benjamin Kinkel (www.schlau-nrw.de/index_kontakt.htm) nach. Die beiden können dir auf jeden Fall Auskunft geben.
Lieben Gruß,
Melanie