phenomenelle

informelle

LITFEST homochrom

phenomenelle des Tages: Jóhanna Sigurðardóttir

Jóhanna Sigurðardóttir (geb. 4.10.1942)

Johanna sigurdardottir official portraitSchon als Stewardess und als kaufmännische Angestellte engagiert sie sich in der Gewerkschaftsbewegung. 1978 wird sie ins isländische Parlament Althing gewählt. Ihr Schwerpunkt: Sozialpolitik. Mehrfach ist sie ab 1987 Sozialministerin, bis sie am 1. Februar 2009 zur Ministerpräsidentin Islands gewählt wird und damit das erste lesbische oder schwule Staatsoberhaupt eines Landes – zumindest offen lebend.

Die Tochter eines Parlamentsabgeordneten und Vorstand der Sozialversicherung absolviert eine kaufmännische Berufsfachschule und arbeitet nach dem Abschluss von 1962–1971 als Stewardess. Bereits zu dieser Zeit steigt sie in die Gewerkschaftsarbeit ein und ist zeitweise Vorsitzende und im Vorstand der berufsspezifischen Vertretungen. 1978 wechselt sie hauptberuflich in die Politik.

Das am längsten dienende Parlamentsmitglied

Sigurðardóttir wird als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Parlamentsabgeordnete und ab 1987 für 7 Jahre Sozialministerin. 1993 gründet sie mit anderen Frauen die Nationale Bewegung, nachdem sie bei der Wahl zur Parteivorsitzenden unterliegt. 2000 entsteht aus dem Zusammschluss mit einer weiteren Partei die Sozialdemokratische Allianz. 2007 bekleidet sie noch einmal für 2 Jahre den Posten als Ministerin. Ein Jahr später trifft die Finanzkrise Island mit voller Wucht. Die isländische Regierung muss nach der so genannten Topfdeckel-Revolution (wochenlang protestieren Bürger_innen auf Topfdeckeln klopfend vor dem Parlament) inklusive des Ministerpräsidenten zurücktreten. Vor allem Isländerinnen entziehen der Politik ihr Vertrauen. Bis zur Neuwahl des Parlaments Ende April 2009 bildet Sigurðardóttir übergangsweise eine Minderheitssregierung im Bündnis mit den Links-Grünen. Der frischgebackenen Ministerpräsidentin gelingt am Wahltag ein Erdrutschsieg. Ihr Bündnis kann mit absoluter Mehrheit weiter regieren.

Die neue Regierung setzt ein beispielloses Konjunkturprogramm auf, wandelt die maroden Banken mit ihren gesunden Kerngeschäften in Staatsbanken um und lässt die restlichen Teile pleite gehen. Wohlhabende müssen höhere Steuern zahlen, überschuldete Privathaushalte erhalten einen Teilschuldenerlass und staatliche Beihilfen. Die Staatsausgaben werden gekürzt. Das Programm wirkt, die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt ebenso wie die Schuldenlast. Dennoch wählen die Isländer im März 2013 die Regierung ab. Da hatte Sigurðardóttir bereits angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen.

Einsatz für Soziales und Frauenrechte

Die scheidende Ministerpräsidentin gehört nach wie vor zu den beliebtesten Politiker_innen in Island. Ihre Landsleute geben ihr für ihr soziales Engagement den Beinamen „Heilige Johanna“. Neben der Sozialpolitik setzt sich Sigurðardóttir auch für Frauenrechte ein. Während ihrer Zeit als Ministerpräsidentin wird ein Gesetz erlassen, dass Strip Clubs und alle Etablissements verbietet, in den mit nackten Frauen Geld verdient wird. Sie sagt dazu:

Die nordischen Staaten sind führend auf dem Weg in die Gleichberechtigung für Frauen, indem sie Frauen als gleichberechtigte Bürgerinnen betrachten, nicht als Ware für den Verkauf.

Foto: Iceland’s Government, Ministry of Social Issues via Wikimedia

Weitere Quellen und Links

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 9. bis zum 22. März 2024
  • Fernsehinfos vom 24. Februar bis zum 8. März 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“
  • Theater X: Deutschlands vergessene Kolonialzeit