phenomenelle

spezielle

LITFEST homochrom

Plattes Plauderstündchen: „Paartie für Partnerinnen“

Wie oft kommen zwischen Einkaufslisten und Putzplänen tiefgreifende Beziehungsgespräche zu kurz. „PAARTIE“ verspricht Abhilfe. Die 3. Auflage des Spiels für Paare ist nun auch als PAARTIE für Partner & PAARTIE für Partnerinnen erhältlich. Meine Freundin und ich gehen also nicht als „Paar“ sondern „Partnerinnen“ an den Start. Das klingt nach Firmengründung und nicht nach Romantik und Spaß.

Nicht alles, was glänzt, ist lesbisch

Drei Partie-SpieleWenn ich mir das Cover ansehe, wirkt eine der Damen recht männlich. Meine Freundin Google deckt auf: Dem männlichen Part des heterosexuellen PAARTIE-Spiels sind neue Frisur und Brüste gewachsen. Würde doch alles im Leben mit aufgeklebten Brüsten gleich lesbisch werden. Schnappt euch eure Lieblings-DVD, malt dem männlichen Part Brüste. Wird der Film lesbisch? Nein? Genauso wenig funktioniert es bei PAARTIE.

Abgesehen von dem Bild der Schachtelvorderseite ist das Spiel, ob hetero oder homo, identisch. In der Pressemitteilung wird dazu die Aussage des Schweizer Professors Udo Rauchfleisch zitiert:

Sie(Lesben&Schwule) unterscheiden sich, abgesehen von ihrer Orientierung auf Menschen des gleichen Geschlechts, in nichts von anderen Menschen.“

Abgesehen davon, dass ich der Meinung bin, Frauen in einer lesbischen Beziehung leben und lieben anders als Heteros, sehe ich gerade dann keinen Sinn darin, ein spezielles Spiel für „Partnerinnen“ zu veröffentlichen.

Spiel-Karten wie „… ein Talent im Baumarkt ist, dass Du…“, „Ikea passt zu mir“ oder „Fußball finde ich toll“ sind also nur Glückstreffer der lesbischen Ausgabe.

Die inneren Werte zählen

Das Cover hat mich nicht überzeugt, aber es zählt das Spiel. Die Spielanleitung ist ein bunt gestaltetes, vierseitiges Faltblatt. An vielen Stellen leider unklar und verwirrend formuliert. Ich würde meine Verständigungsschwierigkeit der Anleitung gerne auf die Haarfarbe schieben, aber auch meine brünette „Partnerin“ tat sich schwer. Es werden in der Mitte des Tisches fünf Stapel gebildet, mit dem Oberbegriff Partnerschaft, Ansichtssachen, Eigenschaft und Glück-Pech-Karten. Jede Spielerin erhält vier Votum-Karten mit denen zu bestimmten Themen verdeckt Aussagen, wie z.B. „total zutreffend“ oder „nicht zutreffend“, getroffen werden. Und einen Stapel Karten „Stimmungs-Barometer“ mit Eigenschaften wie z.B. „hilfsbereit“, „neugierig“ und vielen weiteren.
Für die richtige Einschätzung der Mitspielerin werden Punkte in Form von Diamanten vergeben.

Vor Spielbeginn wählen beide drei Stimmungs-Barometer-Karten aus, die ihre Stimmung vor Spielbeginn wiedergeben und legen diese verdeckt zur Seite. Es geht los: Die beginnende Spielerin zieht von dem Stapel ihrer Wahl eine Karte und wählt Vorder- oder Rückseite aus.

Der Kartenstapel „Partnerschaft“

beinhaltet Talent-, Kompliment- und Beziehungs-Karten. Die Karte gibt z.B. vor: „… ein Talent mit Deinem Outfit ist, dass Du…“ und wird von der Vorleserin durch Kosenamen und passende Endung ergänzt. So z.B. „Pupsi ein Talent mit Deinem Outfit ist, dass Du selbst in Jogginghose meine Polkappen zum Schmelzen bringst.“ oder schlimmeres. Die Vorleserin versucht die Meinung ihres Gegenübers (in diesem Beispiel von Pupsi) zu dieser Aussage mit einer der Votum-Karten, z.B. „total zutreffend“ einzuschätzen. Liegt sie richtig gibt es Diamanten.
Der Kartenstapel „Partnerschaft“ wurde schnell uninteressant. Den vorgegebenen Aussagen fehlt Witz und Phantasie. Verbringt ihr eure Beziehung nicht in Form eines Stummfilms, dürftet ihr bei diesen Vorgaben keine Probleme haben eure Herzdame einzuschätzen.
Für mich einziger Pluspunkt: Meine Freundin hat es genossen, mir mit den Kompliment-Karten („…am besten stehen Dir Klamotten, die…“ usw.) Prinzessin Charming zu entlocken.

Der Kartenstapel „Ansichtssachen“

deckt Aussagen auf wie z.B. „Ohne Handy fühle ich mich wohl“, „Ich fahre gern Auto“ oder „Jeans mag ich“. Die Spielerin wählt eine der vier Votum-Karten, ihre Gegenspielerin schätzt sie ein.
Wie bei allen Kartenstapeln fehlen mir ausgefallene Antworten. Das Spiel verspricht „Wenn ihr offen seid, werden eure Gespräche zu Abenteuern.“ Kartenaussagen wie „Partner sind sich oft sehr ähnlich!“ oder „In manchen Punkten bin ich anders als die Nachbarn und Kollegen!“ sind da doch eher Coitus interruptus als Abenteuer.

Der Kartenstapel „Eigenschaft“

beinhaltet z.B. „…suche eine Eigenschaft, die Dir hilft, wenn du alleine unterwegs bist!“. Hier muss eine der 21 Stimmungs-Barometer-Karten ausgewählt werden. Die Gegenspielerin muss eingeschätzt werden. Diamanten gibt es für Übereinstimmungen, aber auch Eigenschaften aus der gleichen Farb-Gruppe.

Der Kartenstapel „Glück-Pech“

Beinhaltet Glücks-Karten, wie z.B. „Dein Partner… überrascht Dich mit zwei Konzert-Karten“ oder Pech-Karten, wie z.B. „Schaue den Film/Video/DVD, der Deinem Partner… so wichtig ist.“.
Mit diesen Karten können keine Diamanten gewonnen werden, die Karten sollen bis zum nächsten PAARTIE-Spiel eingelöst werden. Ob von beiden Seiten oder dem Gewinner/Verlierer lässt diese Anleitung offen.

Hat eine der Spielerinnen 15 Diamanten gesammelt, ist das Spiel vorbei. Die zu Beginn aussortierten Eigenschafts-Karten werden von der anderen Spielerin nun erraten. Für übereinstimmende Karten sowie Karten aus der gleichen Farbgruppe gibt es zusätzliche Diamanten. Die Verliererin soll der Gewinnerin einen Gutschein zeichnen, der zusätzlich zu den Glück-Pech-Karten eingelöst werden soll.
Wir hätten uns ein paar Diamanten mehr gewünscht. Nicht wegen der weiblichen Grundeigenschaft „Diamonds are a girl’s best friend“, sondern weil bei jedem Spielende keine zusätzlichen Diamanten mehr vorhanden waren.

Es gibt vier Jahreszeiten-Karten, die jeweilige Jahreszeiten-Karte wird in die Mitte gelegt und darauf die genutzten Karten gestapelt. Wozu hierzu vier Karten notwendig sind, erschließt sich mir nicht.

Fazit

Die Idee – Lesben kaufen alles mit Brüsten – mag bei mir funktionieren. Dennoch finde ich es eine Frechheit ein Spiel durch „lesbisches Cover“ lesbischen Paaren aufzuschwindeln. In den Spielkarten ist weiterhin überall von „Partner“ die Rede. Dies hätte definitiv überarbeitet und lesbischen Themen angepasst werden müssen. Von Frauen die Frauen lieben.
Nach drei Durchläufen hat mich das Spiel bereits gelangweilt. Kenne ich eine Frau länger als 30 Minuten, weiß ich auch ohne PAARTIE, ob sie Jeans mag oder ihr Facebook wichtig ist. Ich hätte mir bei den Spielkarten mehr Originalität und Einfallsreichtum gewünscht.

Das Spiel selbst eignet sich meiner Meinung nach für Frauen, die sich gerade erst kennenlernen. Also weniger ein Spiel für Partnerinnen sondern für solche die es werden wollen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 9. bis zum 22. März 2024
  • Fernsehinfos vom 24. Februar bis zum 8. März 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“
  • Theater X: Deutschlands vergessene Kolonialzeit