phenomenelle

kulturelle

LITFEST homochrom

Filmreview: Not a Man In Sight – Ingen mann i sikte

Drei Generationen von Lesben

Not A Man In Sight

(Bild: Verleih)

Die norwegisch-schwedische Filmemacherin Mette Aakerholm Gardell beginnt ihren Film mit der Frage nach ihrem eigenen Selbstverständnis. Viele Jahre betrachtete sie sich als lesbische Aktivistin, mochte aber das Etikett „Lesbe“ nie. Nun gibt sie zusammen mit ihrer Frau Stina ihrem lang gehegten Kinderwunsch nach und reflektiert filmisch die Veränderungen, die die Insemination und die neuen Ziele bewirken: Sie wünscht sich eine Familienstruktur, in der das Kind im Mittelpunkt stehen wird. Anlässlich dieser Entscheidung befragt sie auch zwei weitere Paare nach deren Selbstverständnis.

Not A Man In Sight

(Bild: Verleih)

Eine junge Frau, die sich als „maskulin“ definiert, findet sich weder in den Begriffen „Lesbe“ noch in „transsexuell“ wieder, obwohl ihre Freundin sie eindeutig als Frau wahrnimmt, mit der sie gerade eine intime Beziehung lebt. Den Junglesben stellt Aakerholm Gardell ein älteres Paar um die Siebzig gegenüber, das sich an frühe Kämpfe um die Anerkennung lesbischer Lebensweisen erinnert und sich auf einen Lebensabend auf Lesbos freut, auch wenn sie dort von den Bewohner_innen nicht wirklich gelitten sind.

Die sehr persönliche Dokumentation deckt durch die eigene Neudefinition der Filmemacherin eine zunehmende Befremdung angesichts der zurzeit modernen Begrifflichkeiten auf: Passt „Lesbe“ [lesbisk] nicht (mehr)? Ist die Kategorie zu scharf oder zu unscharf? Interessanterweise scheint die breiter gefasste Einordnung „queer“ ohne Bedeutung für die Neuorientierung zu sein – die Statements beziehen sich hauptsächlich auf lesbisch, homosexuell oder „gay“. Dabei rücken die noch nicht festgezurrten Rollen der zukünftigen Mütter in den Vordergrund, während sie in den Überlegungen der werdenden Großmutter gespiegelt werden. So selbstverständlich scheint die Regenbogenfamilie doch noch nicht zu sein. Die beiden Mütter jedoch strahlen Zuversicht und Sicherheit aus. Vielleicht überträgt sie sich auf die zweifelnde Zuschauerin.

Norwegen/Schweden/UK 2012, R: Mette Aakerholm Gardell, 60 min

Ingeborg Boxhammer

One thought on “Filmreview: Not a Man In Sight – Ingen mann i sikte”

  1. Isabella sagt:

    danke für den review, ingeborg! was die inhalte angeht: ich kann es langsam nicht mehr hören/sehen/lesen? mädelz von heute – was kann denn an dem begriff „lesbisch“ nur so schlimm sein? es meint: wenn du es bist, liebst du frauen. nur frauen. hast du die „neigung, eignung und befähigung“ (danke an annette schavan für diese formulierung, die ich hier gerne borge), beide (oder alle) geschlechter zu lieben, dann bezeichnet man das als „bisexuell“. heteros/-as lieben jeweils ausschließlich das jeweils andere geschlecht.
    ich habe das gefühl, bei dieser gender diskussion gehen ein paar dinge ganz gehörig durcheinander – unnötig wie ein kropf! identität und gender können sich tatsächlich linear entsprechen! ja, das gibt’s!es mag langweilig sein – aber es ist eben manchmal auch ganz einfach. und – hat gar nicht weh getan, oder?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 21. April bis zum 3. Mai 2024
  • Fernsehinfos vom 6. bis 19. April 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“
  • Theater X: Deutschlands vergessene Kolonialzeit