phenomenelle

kulturelle

LITFEST homochrom

Chavela Vargas singt nicht mehr

Chavela Vargas im Konzert 2006 (Foto: stripTM)

Von der Straßensängerin zur Stimme Mexicos

Gestern, am 5. August 2012 starb die Sängerin Chavela Vargas mit 93 Jahren in Cuernavaca, Mexico. Die ursprünglich in Costa Rica geborene Künstlerin ging als Jugendliche nach Mexico-Stadt und verdiente sich als Straßensängerin ihren Lebensunterhalt. Später entdeckte sie der Komponist José Alfredo Jiménez. Mit ihrer dunklen, melodiösen Stimme verlieh sie den traditionellen Rancheras eine eigene Note. Die Lieder handeln von Liebe – auch zum Land – und von der Natur. In den 50er Jahren startete ihre Karriere richtig durch, sie wurde weltweit bekannt und blieb es bis Mitte der 70er. Dann zog sie sich zurück, aufgrund von jahrelangen Alkoholproblemen. 1991, 30 Jahre nach ihrem Schallplattendebut, kehrte sie auf die Bühne zurück und feierte weiter Erfolge.

Ich musste darum kämpfen, ich selbst zu sein und respektiert zu werden. Ich bin stolz, dieses Stigma zu tragen und mich selbst eine Lesbe zu nennen. Ich prahle nicht damit oder posaune es hinaus, aber ich leugne es auch nicht. Ich musste die Gesellschaft und die Kirche damit konfrontieren, die sagen Homosexuelle sind verdammt. Das ist absurd. Wie kann jemand, der so geboren ist, verurteilt werden? Ich habe keine lesbisch Klassen besucht. Niemand hat mir beigebracht, so zu sein. Ich wurde so geboren von dem Moment an, in dem ich meine Augen öffnete. (im Interview mit El País, 2000)

Mit diesem beeindruckenden Statement ließ die damals 81-Jährige die Welt über ein Interview mit der spanischen Zeitung El País wissen, dass sie Zeit ihres Lebens lesbisch liebte. Die Nachricht kam für ihre lesbischen Fans nicht ganz unerwartet. In ihren Liebesliedern hatte sie schon immer Frauen besungen und sich stets geweigert, anstelle einer weiblichen Angebeteten einen männlichen anzusingen. Bereits in ihren frühen Jahren verweigerte sie sich der traditionellen Kleidung weiblicher Ranchera-Sängerinnen und trug stattdessen einen roten Poncho, Hosen und rauchte Zigarre.

Sie kannte alle wichtigen KünstlerInnen ihrer Zeit, mit der Malerin Frida Kahlo soll sie ein Verhältnis gehabt haben, im gleichnamigen Film von 2002 wirkte sie in einem kurzen Cameo-Auftritt mit. Der Filmemacher Pedor Almodovar ist ein großer Fan ihrer Musik und bestückte den Soundtrack von drei seiner Filme mit Vargas Liedern: Kika, Mein blühendes Geheimnis und Live Flesh – mit Haut und Haar.

Vargas arbeitete bis zuletzt: Ende Juni 2012 erschien ihr letztes Album La Luna grande, das dem Dichter Federico Garcia Lorca gewidmet ist. Kurz darauf musste sie eine Promotion-Tour durch Spanien aus gesundheitlichen Gründen abbrechen und starb nur wenige Tage später in ihrer Wahlheimat. Ihr Leichnam ist aufgebahrt, ganz Mexico trauert. Auf ihrem Twitter-Account wurden passend dazu ihre letzten Worte veröffentlicht:

Ich gehe mit Mexico im Herzen.

Foto-Quelle: Wikipedia, Fotograf stripTM

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 9. bis zum 22. März 2024
  • Fernsehinfos vom 24. Februar bis zum 8. März 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“
  • Theater X: Deutschlands vergessene Kolonialzeit