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Nachlese: Verleihung Augspurg-Heymann-Preis 2015

Lesbisches Verlegerinnenduo ausgezeichnet

Augspurg-Heymann-Preis 2015 in Bochum: die Preisträgerinnen Gudrun Fertig und manuela Kay (vordere Reihe Mitte) vor der Jury (von rechts nach links: Inge Landmann, Gabriele Bischoff, Ann-Marie-Krewer, Antje-Marie Kühn, Dorothee Mülder), dem Trio "Abends mit Beleuchtung" (hintere Reihe, 1. bis 3. v. l.), den Laudatorinnen Birgit F. Unge rund Cornelia Sperling (vordere Reihe 2. und 3. v. l.) und Sonya Winterberg vom Vorstand Deutscher Journalistinnenbund (hintere Reihe Mitte)

Feministisch engagierte Unternehmerinnen

Wenige Wochen vor den großen CSDs in Berlin und Köln wurde am 14. Juni 2015 zum siebenten Mal der Augspurg-Heymann-Preises für couragierte lesbische Vorbildfrauen verliehen. In diesem Jahr vergab die LAG Lesben in NRW e.V. ihre Auszeichnung erstmals an zwei Frauen zugleich. Beide stehen für feministisch engagierten Unternehmerinnengeist und haben sich für die Medienpräsenz von und für lesbische Frauen in Deutschland verdient gemacht: Manuela Kay und Gudrun Fertig vom Berliner Verlag Special Media SDL.

L-MAG und Siegessäule

Vor rund 140 Gästen fand die feierliche Verleihung im Bochumer Jahrhunderthaus statt. Die Preisträgerinnen arbeiten seit den späten 1980er-Jahren in den LSBT*-Medien, Kay schärfte ihre journalistische Feder unter anderem bei der lespress. Gemeinsam leiten sie außer Berlins auflagenstärkstem Stadtmagazin Siegessäule auch Deutschlands zurzeit einziges bundesweit verkauftes Magazin für Lesben L-MAG als Geschäftsführerinnen. Damit sichern sie Monat für Monat rund 15.000 Leserinnen eine wichtige Plattform und Informationsquelle.

NRW-Ministerium: Abschaffung von Diskriminierung

Eine große lesbische Öffentlichkeit kann in Zeiten, in denen auch in Deutschland homophobe Strömungen von „besorgten Eltern“ bis zur Blockierung der Eheöffnung für alle immer mehr Raum finden, von lebenswichtiger Bedeutung sein. Daran ließ auch das Grußwort der MGEPA-Staatssekretärin Martina Hoffmann-Badache keine Zweifel, die „ausdrücklich auch im Namen von Ministerin Barbara Steffens“ deutlich machte:

Wir sind da gänzlich anderer Meinung als die Bundesregierung. Es geht um die Abschaffung einer rechtlichen und symbolischen Diskriminierung.

Von der Baby-Dyke bis zur lesbischen Oma

ahpreis_2015_2 Mit ihrer entschlossenen Übernahme der „Informationsmacht“, so Charlotte Kaspari vom LAG-Lesben-Vorstand, qualifizierten sich Kay und Fertig für den Augspurg-Heymann-Preis. Die Jury war sich sicher: „Mit ihrer Arbeit und mit Herzblut, auch weit über den Verlag hinaus, engagieren sich Gudrun Fertig und Manuela Kay für Power und Sichtbarkeit von Lesben.“ In der Laudatio lobten die Unternehmerinnen Birgit F. Unger und Cornelia Sperling die Bandbreite ihrer journalistischen Arbeit: „Sie bilden mit L-MAG ein eigenes lesbisches Genre journalistisch heraus und … ermutigen die jüngeren Lesben, sich auf die Suche zu begeben nach ihrer Identität, ihren Themen und ihrer Zukunft. Und sie zeigen auf, in welcher Vielfalt und mit wie viel Lebensfreude Lesbisch-Sein gelebt wird.“ Besonders gefiel den Laudatorinnen die große Reichweite der SDL-Verlagsprodukte für Lesben: „Baby-Dykes, Karriere-Lesben, Lesben in der Midlife-Crisis, Gender-Studentinnen, Landlesben, lesbische Omas … Ihr ermöglicht mit L-MAG den Austausch zwischen all diesen Gruppen und Generationen!“

Spaß am Preis

Es wurde viel gelacht auf dieser Preisverleihung. Die Kölner Band „Abends mit Beleuchtung“ sorgte schon im Rahmenprogramm mit ihren lesbisch aufgepeppten Versionen von 80er-Jahre-Klassikern im Western- oder Marschmusik-Stil für unbeschwerte Momente. Auch die Preisträgerinnen selbst waren humorvoll bei der Sache. Manuela Kay sagte gleich zu Anfang:

Nicht nur unsere Zielgruppe, sondern auch deren Protagonistinnen – zum Beispiel ich – sind schwierig.

Historische Vorbilder

Gudrun Fertig war der Spaß am Preis in jeder Sekunde anzumerken. Sie freute sich besonders über Parallelen zu den Namensgeberinnen des Preises, die sie selbst als Vorbilder betrachtet. Anfang des 20. Jahrhunderts kämpfte das Paar Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann nämlich nicht nur kompromisslos mutig für Frauenrechte, sondern gab von 1919-1933 auch das Magazin Die Frau im Staat heraus – „eine weitere Gemeinsamkeit“, meinte Fertig. Weit über etwas hinaus, das „mit der Bezeichnung sexuelle Orientierung nur höchst unzureichend beschrieben ist“, biete sie heute mit ihren Magazinen „einen ganzen Blick auf die Welt, der anders auf Gesellschaft, Identität, Geschlechterrollen schaut“.

Kämpferische Themen

In ihrem Dankesbeitrag positionierte sich Manuela Kay ausdrücklich als „radikale Feministin“ und forderte angesichts der aktuell viel diskutierten Öffnung der Ehe Raum für alle thematische Alternativen. Sie wolle mehr Themen, bei denen wir uns „sichtbar und kämpferisch als Frauen und Lesben“ positionieren könnten – das sei „wichtiger als das kleine private Glück“. Sie sei aber froh über die Chance, einmal über ihre Berliner „Homo-Blase“ hinaus ins Rheinland schauen zu können, sagte sie.

Stimmiger Nachmittag

Gudrun Fertig widmete den Preis – in Anspielung auf die hartnäckig von außen geäußerten Zweifel an der Notwendigkeit einer Lesbenzeitschrift „unseren Leserinnen, die genau wissen, warum wir das machen“. Und Recht hatte sie. Es war ein gelungener, lustiger und stimmiger Nachmittag. Mir persönlich hätte noch ein Hinweis darauf gefallen, dass die L-MAG wenn auch derzeit das einzige, doch beileibe nicht das erste bundesweit im Zeitschriftenhandel verfügbare Printmagazin für Lesben ist. Das war Ulrike Anhamms lespress, wie phenomenelle-Leserinnen spätestens seit der 4. Folge der LesGenden wissen.

Fotocredit: © Susanne Lück
Bildlegende Foto oben: Augspurg-Heymann-Preis 2015 in Bochum: die Preisträgerinnen Gudrun Fertig und Manuela Kay (vordere Reihe Mitte) vor der Jury (von rechts nach links: Inge Landmann, Gabriele Bischoff, Ann-Marie-Krewer, Antje-Marie Kühn, Dorothee Mülder), dem Trio Abends mit Beleuchtung (hintere Reihe, 1. bis 3. v. l.), den Laudatorinnen Birgit F. Unger und Cornelia Sperling (vordere Reihe 2. und 3. v. l.) und Sonya Winterberg vom Vorstand Deutscher Journalistinnenbund (hintere Reihe Mitte)

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