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phenomenelle des Tages: Renée Vivien

Renée Vivien (11.6.1877–10.11.1909)

2500 Jahre nach den Gedichten der Sappho wagt sie als erste Lyrikerin, die Liebe zu Frauen wieder poetisch zum Klingen zu bringen. Ein Skandal in der Wendezeit zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert. Die griechische Dichterin wird ihr zur Inspiration. Sie lernt extra Griechisch, um deren Werke auch übersetzen zu können. Die in London als Pauline Mary Tarn Geborene hat für ihr Geburtsland wenig übrig. Früh entdeckt sie hingegen ihre Liebe zu Frankreich. Kaum volljährig kehrt sie als reiche Erbin 1898 nach Paris zurück und verliebt sich bald Hals über Kopf in die fast gleichaltrige Amerikanerin Natalie Barney. Die stürmische Affäre gibt für die eher schüchterne Tarn den letzten Anstoss, die Geliebte in glühenden Gedichten zu verewigen. 1901 erscheint der 1. Poesieband unter dem Pseudonym R. Vivien. Deutlich zeigt die Dichterin aber auch ihre Selbstzweifel und die Eifersucht. Denn die selbstbewusste Barney bleibt nicht treu. Anders als ihre dichtende Gefährtin lebt sie außerdem von Anfang an offen als lesbische Frau.

Langsam den eigenen Mut finden

Eine gemeinsame Reise führt die beiden Frauen 1904 nach Lesbos. Ein Jahr nachdem Vivien einen Band mit selbst übersetzten Gedichten der Sappho veröffentlicht hat. Sie entdeckt weitere griechische Dichterinnen der Antike. Nun traut sie sich auch preiszugeben, dass als R. Vivien eine Frau die flammenden Gedichte über eine andere Frau und die Liebe zu ihr schreibt. Die folgenden Werken veröffentlicht sie unter dem weiblichen Vornamen Renée. Und sie wird immer mutiger, greift sogar das heterosexuelle Lebenskonzept an. Der Hass ehemaliger Fans trifft sie erbarmungslos. Sahen viele vorher ein junges Talent heranreifen, wird sie nun persönlich als hysterisch beleidigt. Das trifft Vivien hart. Depressionen, Alkohol- und Magersucht sind die Folge. 2 Suizidversuche schlagen fehl. Dann strekt ihr Körper. Sie stirbt 1909, gerade erst 32 Jahre alt.

Foto: Poet Renee Vivien, d. 1909, no named photographer by Wikimedia Commons CC-PD-Mark

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