phenomenelle

informelle

LITFEST homochrom

Bundesverfassungsgericht sagt Ja zum Ehegattensplitting

BVerG 2. Senat, Copyright © 2013 BVerfG

Lebenspartnerschaften müssen rückwirkend gleichgestellt werden

Und wieder eine Klatsche ins Gesicht der schwarz-gelben Regierungskoalition. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, Ehe und Lebenspartnerschaft sind auch beim Ehegattensplittung gleich zu stellen. Die bisherige gesetzliche Regelung, dass nur heterosexuelle Ehepaare von einer gemeinsamen Steuererklärung profitieren können, ist verfassungswidrig. Das Ergebnis war von Expert_innen bereits erwartet worden. Am heutigen Donnerstag veröffentlichte das oberste Gericht seinen Beschluss (Az 2 BvR 909/06). Einmal mehr geht daraus deutlich hervor, es verstösst gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ungleich zu behandeln.

Zum 6. Mal strafen damit die höchsten Richter_innen in Deutschland die je nach Partei zögerliche oder ablehnende Politik der aktuellen Regierung ab. Die CDU wird sich nun genötigt sehen, das Ehegattensplitting auf Dauer abzuschaffen zugunsten eines von Finanzminister Schäuble favorisierten Familiensplittings. Nicht die schlechteste Idee, wenn künftig anstelle der Einverdiener-Ehe oder -Partnerschaft Familien tatsächlich stärker gefördert würden. Unter Expert_innen ist aber die Idee eines Familiensplittings heftig umstritten. Die meisten gehen davon aus, wie bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Ehegatten (nun auch Lebenspartner_innen) werden davon vor allem Besserverdienende und Paare mit deutlichen Gehaltsunterschieden profitieren. Darüber hinaus darf unter Federführung der Konservativen – getrieben von der bayerischen Schwester CSU – befürchtet werden, Regenbogenfamilien könnten auch dabei ausgegrenzt werden.

Die FDP kann zwar heute zu Recht behaupten: „Wir sind ja schon lange für die rechtliche Gleichstellung.“ Wirklicher Einsatz in der Sache sieht hingegen anders aus. Den Koalitionsfrieden wollte die Boygroup bislang dafür nicht aufs Spiel setzen. Dass in Deutschland einmal mehr tatsächliche Gleichstellungspolitik von Gerichten durchgesetzt werden muss, hinterlässt einen schalen Geschmack. Die heutige Niederlage war vorauszusehen. Die Regierung hatte alle Fakten in der Hand, um nach den vorangegangenen Urteilen des Verfassungsgerichts die Gleichstellung voranzutreiben. Sie blieb untätig und weigerte sich zu handeln. Leider provozierte sie so unnötig auch eine Klatsche für die Demokratie in Deutschland. Eigentlich sollte die Politik im Sinne unserer verfassungsgemäßen Rechte gestalten und diese verteidigen, nicht allein die Gerichte.

Foto: Die Richter_innen des 2. Senats BVerfG, Copyright © 2013 BVerfG

Related Posts

One thought on “Bundesverfassungsgericht sagt Ja zum Ehegattensplitting”

  1. Gertrude sagt:

    Die überfällige Entscheidung heute gilt übrigens rückwirkend ab 2001 !!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 9. bis zum 22. März 2024
  • Fernsehinfos vom 24. Februar bis zum 8. März 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“
  • Theater X: Deutschlands vergessene Kolonialzeit