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Berliner Anwältin zeigt CDU-Ministerpräsidentin an

Kramp-KarrenbauerByKosinsky

Fotocredit: Annegret Kramp-Karrenbauer(CDU Bundesparteitag 2014) © Olaf Kosinsky / Wikipedia CC BY-SA 3.0 de

Anwältin Dr. Sissy Kraus hat genug

Gestern erstatte die CSD-Vorstandsfrau und Anwältin Dr. Sissy Kraus eine Strafanzeige gegen die Ministerpräsidentin des Saarlandes Annegret Kramp-Karrenbauer wegen Volksverhetzung und Beleidigung. Auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte sie die Strafanzeige in voller Länge. Der Post ging schnell viral und mindestens eine weitere Person stellte daraufhin einen eigenen Strafantrag. Kraus hat schlicht die Nase voll von den Äußerungen der CDU-Größe Kramp-Karrenbauer zur #Ehefüralle.

Irgendwann ist es genug! Deshalb habe ich Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen die Ministerpräsidentin des Saarlandes erstattet.

Posted by Sissy Kraus on Mittwoch, 3. Juni 2015

Kramp-Karrenbauer klar gegen #Ehefüralle

Homophob und wenig durchdacht lassen sich die Äußerungen von Kramp-Karrenbauer in den letzten Tagen tatsächlich lesen. Auf eine Meldung, dass die saarländische CDU das Thema #Ehefüralle durchaus offen diskutiere, reagierte die Ministerpräsidentin Anfang der Woche prompt und stellte gegenüber der Saarbrücker Zeitung klar, dass die Ehe ein Verbindung zwischen Mann und Frau sei. Würde sie auf gleichgeschlechtliche Paare ausgeweitet, seien

andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen.

Kraus bemängelt in Ihrem Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft Berlin, die Politikerin stelle Menschen, die die Ehe-Öffnung als Schritt zur Gleichbehandlung betrachten,

in eine Reihe von Inzucht und Vielehe“. Diese Äußerung ist nicht mehr nur homophob sondern menschenverachtend.

Damit rücke Kramp-Karrenbauer inhaltlich sehr nahe die Verachtung, die Homosexuelle als verfolgte Gruppe während des Nationalsozialismus entgegengebracht wurde.

CDU zeigt Wagenburgmentalität

Natürlich sprach Kramp-Karrenbauer die Worte „Inzest“ und „Vielehe“ nicht konkret aus. Aber was bitte soll eine Heirat unter engen Verwandten anderes sein als Inzest? Und eine Verbindung zwischen mehr als zwei Menschen wird nicht erst seit Gestern als Vielehe oder Polygamie definiert. Die Kritik von allen politischen Seiten ob FDP, SPD, Linke oder Grüne ließ nicht lange auf sich warten. Der gemeinsame Tenor: Die Äußerungen seien beleidigend, unverschämt und verlangten nach einer Entschuldigung.

Der saarländische LSU-Vorsitzende nahm Kramp-Karrenbauer zwar in Schutz, so hätte sie das sicher nicht sagen wollen. Er warnte aber davor, Menschen in der Debatte um die #Ehefüralle zu verletzten. Eine Ehrenerklärung des CDU-Generalsekretäres des Landes machte nichts besser. Er warf den Kritiker_innen vor, Kramp-Karrenbauers Aussagen absichtlich misszuinterpretieren.

Auf die gleiche Schiene begab sich auch die Kritisierte selbst in einem langen Facebook-Post. Darin bekennt sie sich weiterhin dazu, dass

bestehende Diskrimierungen zwischen Ehe und Lebenspartnerschaften abgebaut werden müssen,

die Ehe eine Verbindung zwischen Mann und Fraue sei. Würde die Ehe nur darauf reduziert, dass zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, sei dies zu wenig. Darünter fielen dann „alle beliebigen Gemeinschaftsformen …“. Skeptisch zeigt sie sich gegenüber der Volladoption. Verstehen wir Sie an dieser auch falsch, Frau Kramp-Karrenbauer? Wohl eher nicht. Alle „Argumente“ hörten wir mehr oder weniger schon einmal von anderen CDU-Öffnungsgegner_innen.

Es sieht ganz so aus, als richte sich die CDU zunehmend in ihrer Wagenburg ein. Zwar darf sich der offen schwule CDU-Bundestagsabgeordnete und Präsidiumsmitglied Jens Spahn, der angeblich seit Jahren für die Ehe-Öffnung kämpft, zum scheinbaren Gesinnungswandel in seiner Partei interviewen lassen. In der Welt warnte er sogar davor, Homosexuelle zu kränken und beschwor einmal mehr die Ehe als zutiefst konservative Institution. Feixend freut er sich darüber, dass nun die Linken für die bürgerliche Ehe kämpfen. Wachsweich und mutlos bleiben seine Äußerungen dennoch.

Ich weiß, die derzeitige Diskussion um die Gleichstellung ist für viele Menschen eine höchstpersönliche Frage. Sicher…

Posted by Annegret Kramp-Karrenbauer on Mittwoch, 3. Juni 2015

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4 thoughts on “Berliner Anwältin zeigt CDU-Ministerpräsidentin an”

  1. Robert Niedermeier sagt:

    Die Anzeige ist lediglich ein hohler Aktionismus, der obendrein den Nationalsozialismus relativiert. Schade, dass man die Argumente der Reaktionären auch noch von Seiten der organisierten lesbisch-schwulen Szene bestärkt anstatt progressive Inhalte und gerechte Alternativen zum Konservatismus zu formulieren.
    Zu Spahn, der lenkt das Augenmerk auf eine andere diskriminierte Minderheit im Land: Der Islam sei schuld daran, dass die Homoaktivistinnen jeden Anstand verloren hätten, sabbelt der schwarzbraune Westfale derweil: https://twitter.com/jensspahn/status/606195458185297920

  2. Danke für den Hinweis zu Jens Spahn.

  3. erminia viccaro sagt:

    „Ich bin verlobt und werde im Juli 2015 meine Verlobte vor dem Standesamt ehelichen. Demnach setzt mich die Ministerin mit diesen Gruppen gleich und behandelt mich menschenverachtend als minderwertig, einer angeblich niederen Klasse zugehörend. Dem steht mein Hochschulabschluss sowie meine wissenschaftliche Promotion, meine 13jährige Tätigkeit als Rechtsanwältin entgegen.“

    Was für eine arrogante, selber diskriminierende person! M.e. mit diesen zeilen diskreditiert sie sich völlig! (Warum ist der link zum ganzen text auf einmal nicht mehr da?!?)

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