phenomenelle

Allgemein

LITFEST homochrom

GIRLTRASH – ALL NIGTH LONG: Cineastischer “Trash” in Reinform

Girltrash FilmplakatEs soll die Nacht der Nächte werden! Der erste Moment ihres zukünftigen Lebens! Denn endlich dürfen Daisy (Liesa Rieffel) und Tyler (Michelle Lombardo) beim regionalen Band Slam ihr musikalisches Talent unter Beweis stellen. Vorbei die Zeiten einsamer Konzerte in grauen Kellerclubs und verhaltenem Applaus! Vorbei die Tage frustrierender Nebenjobs und leerer Bankkonten. Daisys und Tylers schillernde Zukunft schimmert nur einen einzigen erfolgreichen Auftritt entfernt! Voller Elan machen sich die beiden Mitdreißiger auf den Weg und … bleiben auf offener Straße liegen…… Um ihren großen Auftritt nicht zu verpassen bleibt Leadsängerin Daisy nichts anderes übrig, als ihre kleine Schwester Colby (Gabrielle Christian) um Hilfe zu bitten. Doch die blonde Musterschülerin stellt ihre ganz eigenen Bedingungen. In ihrer heutigen Abschlussnacht möchte die angehende Collegeabsolventin endlich ihr Coming-Out feiern und ihrer heimlichen Liebe Misty (Mandy Musgrave) ihre Gefühle gestehen. Frauenschwarm Tyler und ihre große Schwester sollen der völlig unerfahrenen Colby dabei unter die Arme greifen. Daisy glaubt nicht recht zu hören. Ihre kleine, perfekte Schwester lesbisch? Dabei kann es sich nur um einen schlechten Scherz handeln. Doch Daisy hat keine andere Wahl, wenn sie ihre Instrumente mit Colbys Auto zu ihrem Auftritt schaffen will, und so landen die drei in einer einschlägigen Bar. Als Schauspielerin Misty die schüchterne Colby eiskalt abblitzen lässt, greift Tyler zu einer raffinierten Lüge, um das Interesse von Colbys Schwarm zu wecken. Dabei ahnt Tyler nicht, dass Mistys Herz eigentlich für die hochgewachsene Gitarristin selbst schlägt. Als dann noch Ex-Knacki Monique (Rose Rollins) auftaucht, um von Tyler Geld einzutreiben und Daisy auf ihre immer noch nicht überwundene Ex-Flamme Xan (Clementine Ford) trifft, überschlagen sich die Ereignisse. Eine legendäre Nacht voller Irrungen, Wirrungen, verschwundener Instrumente, gestohlener Drogen und einem Haus voller leichtbekleideter Verbindungsschwestern beginnt…..

„Trash“ vom Allerfeinsten

GIRLTRASH – ALL NIGHT LONG hält im besten Sinne das, was der Titel bereits verspricht. Die Musical-Adaption der bekannten Webserie greift in die Vollen der cineastischen Trickkiste und wartet in abendfüllenden 90 Minuten mit allem (aber auch wirklich allem) auf, was das geschulte Auge je in einem Film gesehen hat: Action, Herzschmerz, Girl-Fight, Gesang, eine Teenie-Romanze, Drogen, bekiffte Verbindungsschwestern, rappende Gangster, eine (falsche) Dreiecksgeschichte, Verfolgungsjagten, eine karriereversessene Schauspielerin und schließlich ein großes Finale, das beinahe an den Selbstzweifeln der Heldin scheitert. Völlig überzogener „Trash“ vom Allerfeinsten eben. GIRLTRASH serviert diese bunte, überquellende Mischung dabei mit so viel Charme und Augenzwinkern, dass man gar nicht anders kann, als sich von Anfang an in die verrückte Welt von Daisy und ihren Mädels zu stürzen und mit ihnen in vollen Zügen die Leichtigkeit des Seins zu genießen. Girltrash2Zu verdanken ist dies sicherlich nicht nur den geschliffenen Dialogen, sondern auch der tollen schauspielerischen Leistung des GIRLTRASH-Ensembles, das sich mit ganzer Leidenschaft die Seele aus dem Leib singt und spielt. Insbesondere Hauptdarstellerin Liesa Rieffel überzeugt als sympathisch-chaotische Daisy und begleitet die Zuschauer_innen als Leitfigur souverän durch die Geschichte. Aber auch Michelle Lombardo, die als Shane-Look-Alike einige Frauenherzen höher schlagen lassen dürfte, und das bezaubernde Paar Gabrielle Christian und Mandy Musgrave, das wir bereits aus „South of Nowhere“ kennen, bestechen durch ihr glaubhaftes Spiel. Abgerundet wird diese liebevolle Figurenzeichnung durch einige bekannte Gesichter aus The L-Word. So geben sich „Tasha“ Rose Rollins, „Molly“ Clementine Ford und „Niki“ Kate French die Ehre.

Wirkungsvolle Musicalelemente

Inhaltlich hat GIRLTRASH dagegen nicht wirklich Neues zu bieten. Die Geschichte bewegt sich auf wohlbekannten, ausgetretenen Pfaden und birgt keine bahnbrechenden Überraschungen oder unerwarteten Wendungen. Dennoch ist sie in sich schlüssig und bietet mit ihrer Mischung aus Witz und Spannung genau die richtige Grundlage für einen leichten, unterhaltsamen Film, ohne weitergehenden Tiefgang. Die Musicalelemente überzeugen dabei nicht nur durch die überraschende Eingänglichkeit ihrer Lieder sondern auch durch ihre wohldosierte Platzierung: gerade genug um das Herz (heimlicher) Disney- und Musical-Film-Fans höher schlagen zu lassen und allen anderen nicht über Gebühr auf die Nerven zu gehen. Einziger Wehrmutstropfen bildet das ersichtlich geringe Budget von GIRLTRASH, an dem bereits die Webserie gescheitert ist. Umso höher ist es Regisseurin Alexandra Martinez Kondracke, ihrem Produzentinnenteam und der NGO POWER UP anzurechnen, dass sie GIRLTRASH trotz schwieriger Finanzierungslage und einer Produktionszeit von mehr als vier Jahren schließlich doch noch auf die Leinwand gebracht haben. Dieses Herzblut sieht man GIRLTRASH auch in jeder einzelnen Einstellung an, sodass man leicht über die eine oder andere Schwäche in der Ausstattung hinwegsehen kann.

[youtube]http://youtu.be/aR4zXRdh73I[/youtube]

GIRLTRASH – ALL NIGTH LONG erweist sich damit als wunderbar witzige, leichte Komödie, die ihrem Webvorgänger alle Ehre macht und allen wärmsten ans Herz gelegt sei, die sich abseits von den gängigen Herzschmerz-Dramen einen unterhaltsamen DVD-Abend machen wollen – all night long.

Girltrash – All night long (USA 2014/ Alexandra Martinez Kondracke)

Verleih: Pro-Fun Media

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 9. bis zum 22. März 2024
  • Fernsehinfos vom 24. Februar bis zum 8. März 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“
  • Theater X: Deutschlands vergessene Kolonialzeit